Anthologie: Aus der Ur-Quelle

11.   Der hohe Berg

 

Ich trat wieder in meine Seele ein. Der Zustand von Festigkeit, der sich gestern in der Halle des Schicksals gebildet hat, war immer noch vorhanden.

 

Ich betete ein persönliches Dankgebet und ging in den Raum der Stille hinter meinem Herzen. Doch Gedanken störten diese Stille. Ich bat Christus innig darum, mir zu helfen, diese Stille, die man hören oder schmecken kann, tiefer erleben zu dürfen.

 

Ich kam auf eine Wiese, eine Wiese, die noch nicht wirklich grün war. Die kräftigsten Gräser hatten bereits ihre saftige Farbe angenommen. Unter Sträuchern, die auch erst Knospen und Triebe zeigten, stand eine Bank.

 

Christus sass auf der Bank und lud mich ein, sich neben ihn zu setzen. Freude stieg in mir auf und eher schüchtern setzte ich mich neben ihn. Nach einer Weile fragte er mich, ob ich die Vögel zwitschern hörte. Ich begann zu horchen, aber ich kippte aus dem Raum und meine Aufmerksamkeit richtete sich nach außen und suchte nach dem Gesang der Vögel. Es war aber noch zu früh am Morgen und die Vögel schliefen wohl noch. Er sagte: “Hier hörst du die Vögel.” Ich kippte wieder in diesen Bewusstseinsraum. So wechselte ich etliche Male hin und her. Kurz hörte ich einmal Wasser gurgeln.

 

Christus half mir und sagte: “Tritt von hinten hinein und konzentriere dich fest in deinem Zentrum. Es wird dir nichts geschehen.” Ich übte es. Und dann war es stabil geworden. Ich begann das Schwirren der Luft zu hören, als eine Schar kleiner Vögel über die Sträucher flog.

 

Christus malte mit einem Stock einen Davidstern auf die Erde zu unseren Füßen. Er sagte zu mir: “Das Bewusstsein besteht aus vielen Schichten oder Ebenen, wie ihr es auch nennt. Du bist im physischen Körper und gleichzeitig hier. Die Schichten sind nicht hart voneinander abgegrenzt. Sie gehen ineinander über. Am härtesten fühlt sich die Grenze an, die du gerade überwunden hast. Das gewohnte Körpergefühl und die Zeit lösen sich auf.”

 

Der Davidstern begann sich zu verändern, er wurde zu einem Tetraeder. Für einige Momente fühlte ich mich inmitten des Tetraeders. Christus sagte: „ Sieh den hohen Berg hinter uns. Wir wollen hinauf steigen.“ Wir gingen einen Pfad, der langsam anstieg und immer steiler wurde. Aber es brauchte keinerlei Anstrengung. Dann standen wir vor einer hohen Felswand, die senkrecht nach oben ging. „Wir überwinden diese Felswand mit dem Geiste, indem wir uns auf das Plateau erheben. Es ist wie über das Wasser gehen. Auf einem bestimmten Bewusstseinsniveau besitzt du die Macht, die Elemente zu beeinflussen. Die Atome gehorchen deinem Impuls. Es wird als Wunder angesehen, als ich über das Wasser ging, aber es ist nur die Folge des Geistes, dem die Energie der Materie Folge leisten muss. Über das Wasser gehen, ist ein Symbol und ein Hinweis. Darüber ein andermal mehr.“

 

Wir standen auf dem Felsplateau auf dem Gipfel des Berges. Wir blickten auf die Erde hinab. Unten sah ich die Bank, auf der Christus mit mir saß und mit mir redete. Jetzt hörte ich seine Worte auf andere Weise: „Von hier sieht die Welt genauso aus, wie sie ist. Du blickst nur von einem höheren Standpunkt darauf. Und die Grenzen haben sich aufgelöst.“

 

„Du willst heilen? Dann heile. Niemand hindert dich daran. Schau auf die große Stadt im Westen. Umhülle sie mit einer Sphäre aus Licht und lass dein heilbringendes Anliegen hineinfließen und es ist geschehen.“

 

Ich tat es. Ich umgab die ganze Stadt mit einer Sphäre aus hellem Licht und sendete Liebe, Harmonie für alle und alles. Ich füllte die Sphäre mit Freude an der Weiterentwicklung des ewigen Lebens, gab Glück hinein und Segen.

 

„Für alle, die offen sind, wird diese Steuerung unmittelbar zur Verfügung stehen“, sagte Christus. Ich sagte: „Aber so wenige Menschen sind offen. So viele Menschen rennen geistlos durch die Welt. Sie jagen ein Phantom.“ „Ja“, sagte Christus. „Sieh’, wie dunkle Wolken nun große Landstriche überdecken. Die Menschen versetzen Berge mit riesigen Maschinen, sie durchbohren die Erde mit Gewalt. Sie folgen einer Energie, die Geld genannt wird. Sie wollen diese Energie festbinden, festschnurren, aufbewahren. Und ihr tägliches Treiben ist angetrieben von der Idee, diese Energie zu besitzen. Davon werden sie krank und verwirrt. Sie vergessen das Wissen um die geistigen Kräfte, die aus der Seele von Gott, unserem Vater, zu allen fließt. Energie lässt sich nicht binden. Sie wollen das Licht einsperren. Energie ist Licht in Bewegung. Aber sie lässt sich bündeln und konzentrieren. Licht folgt anderen Gesetzmäßigkeiten. Aber siehe, täglich blicken immer mehr Menschen zum Himmel und beginnen, den grauen Schleier zu überwinden. So ist der Plan. Jede Seele wird sich weiterentwickeln, um das Licht des Wissens durch das Bewusstsein auf der physischen Ebene zu manifestieren. Die Manifestation ist ebenso nur ein Stadium der Energieumwandlung. Dein Ziel ist es, im Vater verankert zu bleiben, während du im Physischen dein Tageswerk vollbringst. Dann bist du in der Ewigkeit eingebunden. Das braucht nur ein beständige Übung.“

 

„ Wir kehren nun zurück“, sagte Christus, und augenblicklich war ich wieder in dem Körper, der auf der Bank neben Christus saß. Er zeigte mit dem Stock auf den Tetraeder und dieser verwandelte sich in einen anderen geometrischen Körper, ich glaube, es war ein Dodekaeder.

 

Ich bedankte mich bei Christus für seine Schulung. Wir sagten: „Aufwiedersehen“. Langsam trat ich von rückwärts wieder in meinen physischen Körper ein und hörte nun die Vögel im Garten zwitschern.